Es empfiehlt sich ein Blick nach China. Denn der Zusammenbruch von Zhongzhi Enterprises hat in der Zwischenzeit zu Verhaftungen unter einer bislang nicht identifizierbaren Anzahl von Mitarbeitern des Unternehmens geführt.

Schattenbankenmärkte – Was nun?

Wie nicht anders zu erwarten, verschärft sich die Lage am Schattenbankenmarkt des Landes. Im Fall von Zhongzhi Enterprises handelt es sich um eine Unternehmensgruppe, die diverse Anlageprodukte an hauptsächlich wohlhabende Privatkunden wie auch andere Unternehmen in der Volksrepublik China verkauft hat.

Seit Monaten befindet sich das Konglomerat Zhongzhi Enterprises im Reich der Mitte nun schon in den medialen Schlagzeilen. Den Kampf um die Auszahlung von versprochenen Renditezahlungen an seine Investoren hat der Konzern jetzt verloren.

Denn Zhongzhi Enterprises meldete in der vergangenen Woche Insolvenz an. Laut eigener Aussage ist der Konzern zahlungsunfähig. Die finanziellen Verbindlichkeiten übersteigen die verfügbaren Vermögenswerte um mehr als dreißig Milliarden US-Dollar.

Bereits im Laufe des diesjährigen Sommers geriet der Zhongrong International Trust, der Teil der Unternehmensgruppe ist, in vielen Bereichen seiner hochverzinslichen Anlageprodukte in Verzug.

Selbstverständlich kamen schon damals Ängste vor finanziellen Ansteckungseffekten aufgrund des sich verschlimmernden Abschwungs an den chinesischen Immobilienmärkten auf.

Wie so oft in diesen Fällen, sprangen im September fürs Erste zwei Staatsbanken in dem Versuch ein, die finanzielle Schieflage zu adressieren und Zhongrong zu stabilisieren. Ende des Jahres 2022 verwaltete Zhongrong Vermögen in Höhe von rund 110 Milliarden US-Dollar.

Pflaster auf klaffende Wunden geklebt

Aus heutiger Sicht zeigt sich, dass es sich bei diesen Stützungsversuchen lediglich um Pflaster handelte, die damals über eine klaffende Wunde geklebt wurden. Einer der größten Bankrotte in der Unternehmensgeschichte Chinas konnte auf diese Weise nicht verhindert werden.

Unter Anlegern und Investoren von Zhongzhi Enterprises ist es schon seit einigen Wochen zu einer Äußerung von Unmut in den sozialen Medien gekommen. Mancherorts sind gar Proteste ausgebrochen, in deren Zentrum die Forderung der Anleger stand, betrügerisch erworbene Investorengelder zurück zu erstatten.  

Am vergangenen Wochenende hatte sich die Polizeibehörde von Peking mittels eines Postings in den sozialen Medien an Investoren der Gruppe mit der Bitte gewandt, sich bei den Polizei- und Sicherheitsbehörden zu melden, um eigens erlittene Finanzverluste zu dokumentieren.    

Letzte Woche hatte Zhongzhi Enterprises mitgeteilt, über ausstehende Finanzobligationen in Höhe von bis zu 65 Milliarden US-Dollar bei Vermögenswerten in Höhe von 28 Milliarden US-Dollar zu verfügen.

Allerdings dürften sich die ausstehenden Finanzobligationen auf einen noch weitaus höheren Betrag belaufen, da in den bislang vermeldeten Daten und Zahlen keine außerbilanziellen Finanzverpflichtungen enthalten sind.

Es wird wohl (fast) alles weg sein

Allein schon aus diesem Grund werden potenzielle Rückzahlungen an Anleger und Investoren nur sehr gering ausfallen. Hierin mag sich der Grund finden, weswegen es nach Aufforderung der Pekinger Polizeibehörde bislang nicht zu einer regen Teilnahme unter den Betroffenen im Hinblick auf eine Dokumentation von erlittenen Verlusten gekommen ist.

Die meisten Anleger und Investoren scheinen instinktiv zu spüren, dass sich ihre Gelder in Luft aufgelöst haben – beziehungsweise sich jetzt in Taschen irgendeines anderen befinden.  

Unter den gebeutelten Anlegern und Investoren befinden sich nicht nur Privatpersonen. Auch Unternehmen haben sich ihre Finger verbrannt. Hierunter befinden sich mindestens siebzehn an Börsen in Festlandchina gelisteten Firmen.

Denn wie aus deren jeweiligen Mitteilungen an die Börse hervorging, sei es schon seit einiger Zeit nicht mehr zu den durch Zhongrong zu leistenden Zinszahlungen gekommen. Bereits im September war es ebenfalls zur Ergreifung von ähnlichen Maßnahmen wie auch Ermittlungen durch die Polizeibehörden von Shenzhen gegen den insolventen Immobilienprojektentwickler China Evergrande gekommen.

China Evergrande unterhielt eine eigene Vermögensmanagementsparte, die im Lauf der Jahre rund dreizehn Milliarden US-Dollar bei Anlegern und Investoren eingesammelt hatte. Auch China Evergrande verkaufte einheimischen Anlegern und Investoren Investmentprodukte, bis es im Jahr 2021 zu ersten offensichtlich werdenden Finanzproblemen innerhalb der Sparte gekommen war.

Finanziell wohlhabende Kunden trifft es besonders hart

Zhongzhi Enterprises veräußerte seine Finanzprodukte an finanziell wohlhabende Kunden, die häufig nach besseren Renditemöglichkeiten Ausschau hielten. Um Kunde der Gruppe werden zu können, musste mindestens ein Betrag von umgerechnet 420.000 US-Dollar in jenen durch Zhongzhi Enterprises und deren Tochterfirmen vertriebenen Produkten veranlagt werden.

Um höchstmögliche Anlagerenditen für die eigenen Kunden, heißt im Bereich von sieben bis acht Prozent pro Jahr, zu erzielen, waren den Anlageaktivitäten der zur Gruppe gehörenden Fonds kaum irgendwelche Grenzen gesetzt.

Dass der anhaltende Abschwung an den chinesischen Immobilienmärkten eine ganze Reihe von Schieflagen im intransparenten Schattenbankensektor des Landes zutage fördern würde, war ein Aspekt, auf den ich in der Vergangenheit wiederholt aufmerksam machte.

Die sogenannte Treuhandbranche verwaltete laut offiziellen Zahlen zum Ende des ersten Halbjahres Vermögen und Kundenanlagegelder in Höhe von umgerechnet mehr als 3,2 Billionen US-Dollar. Insbesondere Immobilienprojektentwickler wie China Evergrande & Co. labten sich an diesem unerschöpflich erscheinenden Quell.

Es bleibt damit zu rechnen, dass der sich fortsetzende Abschwung an den Immobilienmärkten weitere Finanzschieflagen im Schattenbankensektor zutage fördern wird. Welche Art von Ansteckungseffekten in anderen Finanzmarktbereichen des Landes möglich ist, lässt sich aufgrund der intransparenten Beschaffenheit des Treuhandmarktes aktuell nicht vorausahnen.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite chinadaily.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Dass Top-Betrüger an der Unternehmensspitze von Ponzi-Systemen betreibenden Managements, wie in den Fällen China Evergrande und jetzt auch Zhongzhi Enterprises, durch die lokalen Strafverfolgungsbehörden verhaftet werden, unterscheidet China von den Maßnahmen und Vorgehensweisen im Westen.

Wenn von FTX-Chef Sam Bankman Fried und wie auch dem Finanzkrisenjahr-Fall von Bernie Madoff einmal abgesehen wird, scheinen Ponzi-Systembetreiber heutzutage über Narrenfreiheit zu verfügen, was gewiss auch an einer enorm gewachsenen Korruption im gesamten System liegen dürfte.

Es lässt sich angesichts der Entwicklungen um Zhongzhi Enterprises nämlich nicht davon ausgehen, als ob staatliche Behörden in Peking in den vergangenen Monaten keine Kenntnis über die interne Lage des Unternehmens gehabt hätten.

Wenn selbst Staatsbanken hin und wieder mit Krediten und Finanzspritzen aushelfen, um einen akuten Zustand der Überschuldung und Insolvenz unter „Vermögensverwaltern“ zu verschleiern, so stellt sich die Frage, welchem Zweck solche Maßnahmen dienen?

Die Insolvenz – ja das Management von Zhongzhi Enterprises spricht in einem an die eigenen Anleger und Investoren übermittelten Entschuldigungsschreiben gar von einer „ernsthaften Insolvenz“, was auch immer das heißen mag – ließ sich auf diese Weise nicht aufhalten.

Der beste Spruch, den ich dazu in den letzten Wochen gehört habe, und der mich zum Schmunzeln brachte, war: They kicked the can down the road but they now ran out of road.

Nichtsdestotrotz weist zurzeit manches darauf hin, dass einige Verantwortliche aufgrund ihrer Aktivitäten ins Gefängnis gehen werden. In Amerika ist das in den seltensten Fällen der Fall. Oder habe ich etwas verpasst, wenn es mal wieder zur internen Plünderung eines Hegdefonds oder gar Pensionsfonds kam?

Es genügt, sich in diesem Zusammenhang an das Jahr 2008 zu erinnern, in dem alle führenden Bankmanager des Landes in einer Kongressanhörung nebeneinander sitzend Amerikas Regierung und Steuerzahler um einen Bailout (das TARP-Programm) in Höhe von schlappen 800 Milliarden US-Dollar anbettelten.  

Von Reue, Verantwortungsübernahme für die eigenen Lügen und Fehleinschätzungen sowie Pflichtbewusstsein, wie es in Amerika in seinen guten Zeiten noch vielerorts vorherrschte, war nichts zu spüren.

Im Gegenteil wurden Regierung und Steuerzahler erpresst, indem darauf hingewiesen wurde, dass das ganze Land vor dem finanziellen Kollaps stünde, falls es nicht zur Bewilligung des TARP-Programms kommen sollte. Eine logische Folge aus dieser damaligen Entwicklung wäre im Nachgang dieser Ereignisse gewesen, das Trennbankensystem wieder einzuführen.

Bis heute ist es nicht zu einer Wiedereinführung des einstigen Glass-Steagall-Gesetzes gekommen, weshalb sich staatliche Bailouts und Quantitative Easing der Zentralbanken verewigt haben.

Zurück zu China. Nachdem einzelne Vermögensmanagementfonds ihre Zinsen nicht mehr zahlen konnten, kollabierte irgendwann die Trust-Gesellschaft – und mit ihr nun die gesamte Zhongzhi Enterprise Gruppe, heißt also inklusive der Dachgesellschaft.

Erneut sei die Frage erlaubt: Was machen eigentlich Finanzaufsichtsbehörden? Wozu sind diese Behörden nutze, wenn solche sich abzeichnenden Zusammenbrüche nicht bereits im Vorfeld durch diese „Aufsichtsbehörden“ zugunsten von allen Beteiligten adressiert werden?

Allein in Festlandchina soll es unter Bezugnahme auf Schätzungen 200.000 Anleger und Investoren geben, die Zhongzhi Enterprises ihr Geld anvertraut haben. Eine echte Hausnummer, wenn bedacht wird, dass die meisten dieser Anleger und Investoren kaum etwas oder gar nichts mehr von ihren ehedem veranlagten Geldern zurückerhalten werden.

Wie groß ist das alles? Und von welcher Tragweite?

Zhongzhi Enterprises kontrolliert ferner zehn börsengelistete Unternehmen. Gleichzeitig bestehen Verflechtungen mit sechs Finanzinstituten, während die Gruppe an fünf großen Vermögensmanagementfirmen beteiligt ist oder dort gar die Kontrolle ausübt.

Hinzu gesellen sich weitere Beteiligungen und Verflechtungen mit Unternehmen, die dem Treuhand- beziehungsweise Schattenbankensektor zuzuordnen sind.

Laut aktuellen Erkenntnissen steht übrigens ein Anteil von 74 Prozent in Relation zu allen bereits über den Sommer und jetzt geleisteten Zahlungsausfällen mit den Immobilienmärkten verknüpften Produkten in Zusammenhang.  

Augenscheinlich kamen hier die Ereignisse um China Evergrande zum Tragen, von denen jedermann mit Einblick wusste, dass es zu Ansteckungs- und Folgeeffekten kommen würde.  

Der eine oder andere mag sich die Frage stellen, nun gut, geht es in China eben abwärts, auf welche Weise bin ich hiervon betroffen?

Erwähnt sei, dass laut aktuellen Erkenntnissen durchzusickern beginnt, dass diese durch diverse Unternehmen und Vermögensmanagementfonds der unter dem Dach von Zhongzhi Enterprises firmierenden Gruppe verkauften Vermögensmanagementinstrumente NICHT nur an einheimische Anleger und Investoren in Festlandchina verkauft worden sind.

Vielmehr befinden sich unter den Käufern auch institutionelle Investoren, heißt also Großanleger, in den Vereinigten Staaten von Amerika. Hierzu gehören unter anderem Pensionsfonds, Universitätsfonds, Kommunalfonds oder auch private Unternehmensfonds. Wie sich offenbart, scheinen viele Akteure in den Vereinigten Staaten in der Nullzinsphase aufgrund der zu diesem Zeitpunkt einsetzenden (globalen) Renditejagd ebenfalls zu Kunden der Zhongzhi Unternehmensgruppe geworden zu sein.

Was sollte schon schief gehen, nicht wahr? Und jetzt setzen die Zahlungsausfälle ein. Zu hoffen bleibt, dass wenigstens in Europa nicht allzu viele Akteure von dieser Insolvenz betroffen sind. Zu wetten ist hierauf allerdings nicht.

In den Medien werden Experten zitiert, die erklären, dass die mit dem Untergang von Zhongzhi Enterprises in Verbindung stehenden Rückkopplungseffekte erst im Verlauf der nächsten Monate so richtig sichtbar werden dürften. Schlimmstenfalls könnte dieses Ereignis eine Liquiditätsklemme auslösen.

Es wird in den nächsten Wochen und Monaten also darauf zu achten sein, ob sich Meldungen aus dem amerikanischen und europäischen Bankenbereich, wonach Bargeldabhebungen und Zahlungstransaktionen temporär limitiert sind, mehren werden.

Ferner werden bestehende Risiken gegenüber Drittparteien unter Umständen wieder mehr und mehr in den Fokus rücken. Dies gilt angesichts der weltweiten Finanzverflechtungen – allen voran den Derivatemärkten.  

Wie dem auch sei, wiederholt sei erwähnt, dass PHYSISCHE Gold- und Silberbestände von solchen Drittparteienrisiken ausgeschlossen sind, weshalb es angesichts der momentanen Entwicklungen wichtiger denn je ist, zumindest einen Teil der Ersparnisse in PHYSISCHEM Gold und Silber zu veranlagen.

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