Um meine bisherigen Ausführungen zur Ermittlung des Bodenwertes als Selbsthilfe für potentielle Immobilieninvestoren vorerst abzuschließen, weise ich in diesem Beitrag auf ein paar  weitere Besonderheiten hin, die bei der Bewertung zu würdigen sind.

 

Erschließung

Erschließung umfasst die Gesamtheit von baulichen Maßnahmen und rechtlichen Regelungen zur Herstellung der Nutzungsmöglichkeiten eines oder mehrerer Grundstücke. Aufgrund des Erschließungsaufwandes ist meist ein Erschließungsbeitrag an die Kommunen zu entrichten.

Der Erschließungsbeitrag nach dem BauGB bemisst sich nach dem Erschließungsaufwand für Erschließungsanlagen, insbesondere nach dem Wert, der für die Erschließungsanlagen in Anspruch genommenen Flächen, den Kosten des Straßenbaus, der Straßenentwässerung und Straßenbeleuchtung.

Weiterhin sind die üblichen Kosten für Maßnahmen der Ver- und Entsorgung (Kommunalabgaben), sonstige Belastungen wie Kostenerstattungsbeträge (§ 135a BauGB), Ausgleichsbeträge (§154 und § 166 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BauGB), Ausgleichsleistungen in der Umlegung und Stellplatzabgaben zu berücksichtigen.

Bei erschlossenen Grundstücken ist zu prüfen, ob und welche öffentlich-rechtlichen Beiträge und nichtsteuerlichen Abgaben für das Grundstück noch zu entrichten sind.

1.             Zu- oder Abschläge auf den Vergleichspreis bedarf es, wenn der Erschließungszustand oder die beitrags- und abgabenrechtliche Situation des Grundstücks von dem Vergleichsgrundstück abweicht.

2.           Die Zu- oder Abschläge werden in der Regel nach der Höhe des Beitrags bzw. der Abgabe (z.B. Erschließungsbeitrag) ggf. unter Berücksichtigung der Wartezeit bemessen.

Soll ein unerschlossenes Grundstück bewertet werden, so müssen, falls das Vergleichsgrundstück erschlossen ist, die Erschließungsbeiträge vom Bodenwert abgezogen werden.

 

Form und Größe

Auch die Form und Größe eines Grundstückes haben wertbeeinflussende Wirkungen.

Bei ungewöhnlich großen bzw. kleinen Flächen und bei unzweckmäßig geschnittenen Grundstücken können Größe und Gestalt den Bodenwert beeinflussen. Dies ist durch Zu- und Abschläge zu berücksichtigen, soweit dieser Umstand nicht durch eine wertmäßige Aufteilung eines Grundstücks nach Vorder- und Hinterland oder in anderer Weise berücksichtigt wird.

„Was ist unter Vorder- und Hinterland zu verstehen?“, fragt sich möglicherweise mancher Leser?“

Ist ein Grundstück relativ schmal und tief geschnitten, darf der Baulandwert nicht in voller Höhe für das ganze Grundstück angesetzt werden.

Mit Vorderland bezeichnet man den Teil des Grundstücks, der an der Straße oder einer anderen Hauptzuwegung liegt und in der Regel eine Tiefe von 40 Metern hat. Dieser Teil wird mit 100 Prozent des Bodenwertes angesetzt.

Mit Hinterland wird der Teil bezeichnet, der weiter als ca. 40 Meter von der Hauptzuwegung entfernt liegt und nicht oder nur geringfügig bebaubar ist, obwohl er rechtlich Baulandqualität hat.

Zwischen 40 und 80 Meter Tiefe bewertet man das Hinterland mit ca. 50 Prozent des Bodenrichtwerts.

Zwischen 80 und 120 Meter Tiefe mit ca. 25 %.

Ist das Hinterland Gartenland und hat keine Baulandqualität, sind dafür nur ca. 10 bis 15 Prozent des Baulandpreises anzusetzen.

 

Rechte und Belastungen

Im Abschnitt 2.2.3 der Wertermittlungsrichtlinien heißt es dazu:

„Grundstücksbezogene Rechte und Belastungen sind zu berücksichtigen, soweit sie wertbeeinflussend sind. Rechte und Belastungen können privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art sein.

Privatrechtliche Rechte und Lasten sind insbesondere dinglich gesicherte Nutzungsrechte, Erbbaurechte sowie langfristige Miet- und Pachtverträge.

Rechte und Lasten des öffentlichen Rechts können sich unter anderem aus dem Planungs-, Bauordnungs- und Abgabenrecht sowie aus dem Denkmal-, Natur- und Gewässerschutzrecht ergeben…“

 

Grundstücksbezogene Rechte und Belastungen können sowohl eine wertmindernde, als auch eine

werterhöhende Auswirkung haben. Sie können jedoch auch wertneutral sein. Je nachdem, welcher Vor- oder Nachteil sich für das zu bewertende Grundstück ergibt.

Hypotheken und Grundschulden sind keine den Wert beeinflussenden Rechte und Belastungen.

Sie beeinflussen regelmäßig nur die Kaufpreiszahlung, und zwar je nachdem, ob dem Käufer das Grundstück belastet oder lastenfrei übertragen werden soll.

Anders verhält es sich mit Leibrenten. Sie können den Verkehrswert eines Grundstücks beeinflussen. Entscheidend kann dabei der Umstand sein, dass ein Grundstück, das mit einer Leibrente belastet ist, im Gegensatz zu mit Grundpfandrechten belasteten

Grundstücken, gegen den Willen des Berechtigten nicht enthaftet wird. Dieser Umstand wird am Markt häufig als wertmindernd betrachtet.

 

Unwirtschaftliche Nutzung

Ist das Grundstück bebaut und lässt das Gebäude keine wirtschaftliche Nutzung mehr zu oder müssen nicht nutzbare Gebäude beseitigt werden, damit das Grundstück wirtschaftlich genutzt werden kann, muss es baureif gemacht oder freigelegt werden. Den Bodenwert ist in einem solchen Fall um die Kosten mindern, die für die Baureifmachung aufgewendet werden müssen. Das können Kosten für Abbruch, Abtransport und Deponie sein.

 

Sind alle wertbeeinflussenden Umstände angemessen berücksichtigt (ich habe hier nur die wichtigsten genannt), können Sie den Marktpreis ableiten. Dazu sollten Sie nochmal einen Blick auf meine vorangegangenen Beiträge zum Thema werfen. (Wer es ganz genau wissen will, findet weitere Informationen hier: Vermögenssicherung im Euro-Desaster und hier: Was sind Hütte und Scholle wert?

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