Prokrastination (lat. procrastinare) bedeutet "aufschieben". Obwohl der Begriff im 16. Jahrhundert geprägt wurde, erschien eine der ersten Studien zum Thema erst 1997 in der Fachzeitschrift Psychological Science; und doch ist das Phänomen selbst so alt wie die Menschheit.

Die Begünstigungsfaktoren für Prokrastination, die schon immer mehr war als ein gelegentliches Aufschieben bestimmter Tätigkeiten, haben sich jedoch durch die moderne Technik verschärft. Die heute oft vorausgesetzte ständige Erreichbarkeit und die jederzeit verfügbaren Ablenkungen verkürzen unseren Geduldstakt. Technologiebedingt empfinden wir Verzögerungen häufiger als unnötig, was auch das subjektive Gefühl, im Rückstand zu sein, beschleunigt.

In der Auseinandersetzung mit der eigenen Prokrastination liegt auch eine Chance zur Selbstreflexion. Tiefer liegende Ängste und Unsicherheiten, nicht selten Resultat überzogener perfektionistischer Ansprüche, werden zu erkennbaren Hindernissen, die unbewusst unser Handeln steuern.

Auch hier hilft die Philosophie, einen klaren Blick auf das Phänomen zu finden. So erinnert uns Seneca an die Endlichkeit der Ressource Zeit, die wir so gerne mit sinnlosem, flüchtigem Tun vergeuden. Dabei ist sie das kostbarste Gut, das wir haben, weswegen er mahnt, sich auf die eigene Endlichkeit und in Folge auf das Wesentliche zu fokussieren. So gesehen ist Prokrastination also die Verschwendung unserer Lebenszeit, welche auch gegen das Ideal von Aristoteles verstößt, seine wertvolle Lebenszeit zum Erreichen der „Eudamonia“ (das gute, tugendhafte Leben) optimal zu nutzen; hier aber nicht in Extreme zu verfallen, sondern sogar Trägheit im richtigen Maß zuzulassen.

Als schädliches Phänomen lässt es sich insbesondere dann begreifen, wenn man Prokrastination, frei nach Nietzsche, als Selbstsabotage versteht, durch die wir selbst zum größten Feind des uns inhärenten "Willens zur Macht" werden. Angst und Zweifel müssen überwunden werden durch Stärkung unserer intrinsichen Antriebe, Wünsche und Ambitionen zu verwirklichen.

Das bereits im Medienradar thematisierte und althergebrachte Prinzip des „Karma Yoga“ im Hinduismus beispielsweise ermutigte schon viele vorangegangene Generationen dazu, Arbeit nicht als Last, sondern als Teil des Weges zur Selbstverwirklichung zu sehen. Diese Perspektive kann dazu beitragen, die innere Einstellung zu ändern, indem Prokrastination nicht als Feind, sondern als Lehrer betrachtet wird.

Die moderne Psychologie bietet ebenfalls konkrete Strategien gegen das Aufschieben an. Dazu gehört, sich realistische Ziele zu setzen, große Aufgaben in kleine, überschaubare Einheiten zu zerlegen und sich für erreichte Meilensteine zu belohnen. Auch hier spielt die eigene Einstellung eine Rolle: Können wir unsere Neigung, Aufgaben aufzuschieben, als Chance begreifen, uns selbst zu verbessern? Ironischerweise verursacht das Aufschieben oft mehr Stress als die Erledigung selbst.

Doch die Suche nach Antworten auf die Frage, warum es uns so schwer fällt, dem Sog der Unproduktivität zu entkommen, der unter Studierenden so weit verbreitet ist, dass manchmal zwischen akademischer und alltäglicher Prokrastination unterschieden wird, endet weiterhin nicht.

In einer aktuellen Studie zeigt Dr. Piers Steel, Professor am Department of Organizational Behaviour and Human Resources an der Haskayne School of Business in Calgary, dass Prokrastination nicht nur ein Zeichen mangelnder Disziplin ist, sondern tief in unserer Psychologie verwurzelt ist. Die Tendenz, unangenehme Aufgaben aufzuschieben, hat ihm zufolge ihre Wurzeln in der menschlichen Sehnsucht nach sofortiger Belohnung. Diese können uns unsere Smartphones freilich mühelos verschaffen, indem sie unsere Dopaminrezeptoren bis zur mentalen Erschöpfung melken.

Der Grundkonflikt zwischen kurzfristiger Befriedigung und langfristigen Zielen ist auch für Dr. Steel ein zentraler Bestandteil der menschlichen Natur und somit kein rein modernes Phänomen. So gilt heute, wie zu Aristoteles' Zeiten, dass ein schwacher Wille uns daran hindert, den kurzfristigen Belohnungsmechanismen zu widerstehen und das Glück im langfristigen Erfolg zu suchen.

Letztlich geht es also um weit mehr als um effizientes Zeitmanagement. Es stellt sich erneut die Frage, wie wir eigentlich arbeiten und leben wollen, welche Perspektive wir dazu einnehmen wollen, um Erfüllung unmittelbar durch unser Tun zu erfahren. Die Auseinandersetzung mit den Ursachen und Wirkungen des Aufschiebens hilft uns, uns unserer eigentlichen Ziele bewusster zu werden. So ringen wir der langen Bank des schlechten Gewissens Stück für Stück etwas ab - oder bringen sie zumindest an einen Ort, an dem wir mit mehr Klarheit und ohne schlechtes Gewissen zwischendurch auch etwas verweilen können.

 

In diesem Sinne empfehlen wir die Lektüre folgender Artikel:

Can’t Stop Procrastinating? Here’s How to Break the Cycle von Oyinda Lagunju: https://www.mindful.org/cant-stop-procrastinating-heres-how-to-break-the-cycle/

Hier finden Sie eine brauchbare Google-Übersetzung ins Deutsche: https://www-mindful-org.translate.goog/cant-stop-procrastinating-heres-how-to-break-the-cycle/?_x_tr_sl=auto&_x_tr_tl=de&_x_tr_hl=de&_x_tr_pto=wapp

Eine hervorragende Übersetzung können Sie sich grundsätzlich selbst mittels Deepl erstellen: https://www.deepl.com

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