Im Kern beschreibt „Transhumanismus“ eine Weltanschauung, deren Anhänger zum Teil proaktiv daran arbeiten, den Menschen mit technologischen Mitteln zu optimieren. Ein besonders prominentes aktuelles Beispiel ist die Neuralink-Technologie von Elon Musk:

Rund sechs Jahre hat es seit Beginn der Entwicklung gedauert, bis im September 2023 die ersten Probanden gesucht wurden, aber nur wenige Monate, bis im Januar 2024 der erste Menschenversuch vom Unternehmen als erfolgreich verkündet wurde. „Telepathy“ heißt dieses erste Produkt, das damit immerhin begrifflich eine der wohl am weitesten verbreiteten Erwartungen an zukünftige technologische Entwicklungen seit dem Aufkommen von Mobiltelefonen erfüllt.

Die Vision des Transhumanismus beschränkt sich jedoch nicht auf elektronische Technologien. Die Optimierung des Menschen wird mitunter auch auf pharmakologischem, genetischem und morphologischem (Veränderung der Gestalt) Wege angestrebt. Betrachtet man diese Teilbereiche, so wird deutlich, dass der Transhumanismus keineswegs etwas Neues ist. Um nur ein Beispiel zu nennen: Die vorübergehende pharmakologische Optimierung von Soldaten durch Amphetamine im Zweiten Weltkrieg war nicht nur in der deutschen, sondern auch in der japanischen, US-amerikanischen und britischen Armee weit verbreitet.

Obwohl sich zeitgleich insbesondere im nationalsozialistischen Deutschland ein besonders fataler Übermenschenmythos ausbreiten konnte, der teilweise Ähnlichkeiten mit transhumanistischen Prinzipien aufweist, ist festzuhalten, dass sich moderne transhumanistische Visionäre immer wieder von solchen historisch belasteten Konzepten distanzieren.

So geht der moderne Begriff „Transhumanismus“, der über einen teilweise zeitlosen Anteil verfügt, auf einen Aufsatz von Max More zurück, der erst 1990 unter dem Titel „Transhumanism: A Futurist Philosophy“ veröffentlicht wurde. Wie sehr More von der Idee der Überwindung menschlicher Mittelmäßigkeit getragen war, zeigt auch sein selbstgewählter Nachname („more“, engl. für „mehr“), wurde er doch als Max O’Connoly geboren.

Es liegt in der Natur dieser Angelegenheit, dass sie jeden von uns betrifft. Schon heute ist uns angesichts der rasanten technologischen Entwicklung bewusst, dass all jene beruflich ins Hintertreffen zu geraten drohen, die mit diesem ständig wachsenden Möglichkeitsraum nicht umfassend umzugehen wissen – wer heute auf der Schreibmaschine beharrt, wird es nicht nur in Großraumbüros schwer haben.

Die bloße Existenz der Möglichkeit, insbesondere kognitive Verbesserungen zu erhalten, ist also eine schiefe Ebene. In kurzer Zeit wird man sich nicht mehr über die greifbaren Vorteile definieren, sondern auch bei der Suche nach einer beruflichen Anstellung deutlich den Mangel spüren, der eines Tages darin besteht, sich diesem Prozess zu verweigern.

In diesem Sinne sind auch wir heutzutage transhumane Wesen, haben wir doch viele effizienzoptimierende Technologien bereits so tief in unseren beruflichen und privaten Alltag integriert, dass wir allein schon aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit nicht mehr darauf verzichten können.

Was für die einen wie ein dystopischer Alptraum klingen mag ("eine der gefährlichsten Ideen", so der Politikwissenschaftler Francis Fukuyama), wird von anderen auch deutlich positiver bewertet. Eine solche Argumentation lautet: Abgesehen davon, dass der Fortschritt und damit der Sog in diese Richtung ohnehin nicht aufzuhalten ist, hat der Mensch evolutionsgeschichtlich vor allem dank seiner Anpassungsfähigkeit überlebt – in diesem Sinne könnte der Transhumanismus das möglicherweise notwendige Vehikel sein, um den „großen Filter“ (siehe Fermi-Paradoxon) zu überleben.

Es handelt sich um ein unbestimmtes Ereignis apokalyptischen Ausmaßes, das ganze Zivilisationen beenden kann und das, so Nick Bostrom, erklären könnte, warum unser Blick zum Sternenhimmel von dort nicht erwidert wird, obwohl das Universum in fast 14 Milliarden Jahren reichlich Zeit und Gelegenheit für die Entwicklung anderer intelligenter Spezies und ihrer Zivilisationen geboten hat.

Letztlich ist aber auch nicht auszuschließen, dass es der Transhumanismus selbst ist, der das Interesse an der Erforschung des Weltraums seit unvordenklichen Zeiten überall dort im Universum beendet, wo intelligente Lebensformen beginnen, digitale Welten zu erschaffen, die sich kaum noch von der Realität unterscheiden:

Die Schaffung idealer Simulationen unendlicher Möglichkeiten und die Option, diese mit allen Sinnen zu erfahren, könnte ab einem gewissen Punkt zu verlockend sein, um sich für ein Pionierdasein im schwarzen, kargen, kalten Weltraum zu entscheiden.

 

In diesem Sinne empfehlen wir die Lektüre des folgenden Beitrags, auf dem dieser Artikel basiert:

„Transhumanismus“, Philoclopedia: https://www.philoclopedia.de/was-ist-der-mensch/transhumanismus/

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