Sonderlich überraschend kommt diese Entwicklung nicht daher. Denn die voranschreitende Zentralisierung der politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen durch die Kommunistische Partei Chinas (CCP) scheint inzwischen negative Impulse auf das Wachstum der heimischen Ökonomie auszuüben.

In Erinnerung ist Investoren rund um den Globus vor allem die Vorgehensweise gegen führende Technologiekonzerne wie Alibaba oder Tencent durch die CCP und Staatspräsident Xi Jinping, ohne dessen Zustimmung im Reich der Mitte nichts mehr zu geschehen scheint, geblieben.

Aufrechterhaltung der staatlichen Kontrolle hat Vorfahrt vor Wachstum

Anhand dieses Beispiels zeigte sich, dass die politische Führung des Landes jederzeit dazu gewillt ist, den privaten Wirtschaftssektor an die Kette zu legen. Anders als in den USA soll es zu groß gewordenen Wirtschaftskonzernen augenscheinlich nicht gestattet werden, selbst Einfluss auf die politischen Strukturen und Entwicklungen in China zu nehmen.

Die Aufrechterhaltung der staatlichen Kontrolle über alle wichtigen Gesellschaftsbereiche wird durch die führenden Kader der CCP über ökonomisches Wachstum gestellt. Problem hieran ist, dass die Pekinger Führung auf diese Weise jedoch auch Chinas wirtschaftliches Wachstumspotenzial abwürgt.

Denn den größten Wachstumsbeitrag hatte über die vergangenen dreißig Jahre neben dem durch Innovationen geprägten Privatwirtschaftssektor zudem der internationale Freihandel geliefert.

Als hemmend erweist sich überdies der über mehrere Jahrzehnte aufgepumpte Immobilien- und Wohnungssektor, der sich zurzeit mit allen Mitteln gegen das Platzen einer immensen Blase stemmt.

Auch chinesische Unternehmen nicht mehr vor politischen Gängelungen gefeit

Neben einer zerstörerischen Lockdown-Strategie haben Lokalbehörden den privaten Wirtschaftssektor in den letzten Jahren verstärkt aus dem Geschäft gedrängt. Zudem beklagen mittlerweile nicht mehr nur ausländische Unternehmen die undurchsichtige und teils völlig willkürliche Steuergesetzgebung, sondern auch Chinas Privatunternehmen bekommen dieses Mittel der Unterdrückung in einem deutlich stärkeren Ausmaß zu spüren.

Die drei Jahre lang verfolgte Nulltoleranz-Strategie in Sachen Covid samt den damit verbundenen Restriktionen haben Millionen von kleinen und mittelgroßen Unternehmen die Segel streichen lassen. Chinas Jugendarbeitslosigkeit hatte zuletzt die Marke von 22 Prozent übersprungen.

Ihre Kontrolle über Großkonzerne wie Alibaba und Tencent strafft die CCP, indem die politische Führung des Landes einen Aktienanteil von einem Prozent an solchen Konzernen anstrebt, um auf diese Weise zukünftig „spezielle Interventionsrechte“ im Hinblick auf zu treffende Unternehmensentscheidungen auszuüben.

Private Immobilienmärkte – die Probleme haben erst begonnen

Was die ins Wanken gekommenen Immobilienmärkte anbelangt, so ist über vielen der finanziell in der Bredouille befindlichen Bauentwicklungsprojekte zuletzt, wie auch stets zuvor, eine Flut von günstigen Krediten niedergegangen, wodurch sich die Probleme der hiervon betroffenen Anbieter jedoch nicht in Luft auflösen.

Bereits durch Kunden angezahlte und begonnene Bauentwicklungsprojekte lassen sich auf diese Weise zwar durch die einzelnen Bauträger fertigstellen. Doch die größten Unternehmen in diesem Bereich berichten mittlerweile über eine sinkende Nachfrage, was die Preise für neu fertiggestellte Häuser und Wohnungen purzeln lässt.

Hinzu gesellen sich Lokal- und Provinzregierungen, die vielerorts heillos überschuldet sind. Parallel hierzu sinkt die Investitionsbereitschaft unter heimischen wie auch ausländischen Unternehmen.

In einem Bericht von Caixin hieß es Ende Februar, dass die in chinesischen Städten auf zahlreiche Weise neu entstandenen Bürogebäude in den letzten Jahrzehnten als eine Art Statussymbol im eigenen Land wahrgenommen wurden.

Auch gewerbliche Immobilienmärkte geraten nun unter Druck

Doch spätestens seit dem vergangenen Jahr habe sich an dieser Sichtweise etwas geändert. Jetzt würden diese Gebäudestrukturen in einem zunehmenden Ausmaß als Bürde betrachtet. Dabei hat sich der Markt für Büroflächen, anders als in vielen westlichen Industrieländern, in der Volksrepublik China während der Covid-Krise recht zufriedenstellend entwickelt.

Eine sich schnell normalisierende Nachfrage unter Technologie- und Finanzunternehmen hatte hieran einen großen Anteil. Im vergangenen Jahr erfolgte daraufhin abermals eine Trendwende.

Sahen führende Prognosen ein Anhalten dieses Trends im gesamten Jahr 2022 vor, so zeigte sich bereits im ersten Quartal des letzten Jahres, auf welch unerwartete Weise die Nachfrage nach Büroflächen unter Unternehmen plötzlich einbrach.

Selbst Chinas größte Metropolen waren von dieser Entwicklung nicht ausgenommen. Die Unternehmen selbst machten neben einer beständigen Wiederkehr von restriktiven Covid-Lockdowns auch die Interventionen der Pekinger Regierung an den Technologiemärkten in der Heimat für die sich fortsetzenden Probleme an Chinas Gewerbeimmobilienmärkten mit verantwortlich.

Die Hoffnungen haben sich bislang nicht erfüllt

Mit einer vollumfänglichen Wiedereröffnung der chinesischen Wirtschaft im März dieses Jahres waren nicht nur in der Heimat, sondern auch aus internationaler Perspektive große Hoffnungen auf eine Belebung der Weltwirtschaft verbunden.

Diese Hoffnungen haben sich bislang weder aus Sicht Chinas noch aus Perspektive der Weltwirtschaft manifestiert. Vielmehr hat sich die sinkende Nachfrage an den chinesischen Märkten für Büroimmobilien über die letzten Quartale fortgesetzt, während die Liquiditäts- und Schuldenkrise an den privaten Häusermärkten des Landes anhält.

Beide Bereiche sind keineswegs zu unterschätzen. Denn der Immobiliensektor steuert einen Anteil von mehr als einem Viertel zur jährlichen Wirtschaftsleistung der Volksrepublik China bei.

Wie das nationale Statistikbüro jüngst verlautbarte, vereinten die Gewerbeimmobilienmärkte, allen voran Einkaufszentren und Bürogebäude im vergangenen Jahr einen Anteil von zwölf Prozent in Relation zu allen an den heimischen Immobilienmärkten getätigten Investitionen auf sich.

Selbst Megastädte wie Peking, Guangzhou, Shenzhen und Shanghai litten im Gesamtjahr 2022 unter einer rückläufigen Nachfrage nach Büroflächen samt eines Rückgangs der neu vermieteten Büroflächen.

Leerstandquoten an Chinas Gewerbeimmobilienmärkten klettern…

Gleichzeitig kletterte die landesweite Leerstandquote im Bereich von Bürogebäuden in Top-Lagen im letzten Jahr um 1,5 Prozentpunkte auf sechzehn Prozent. In den Kategorien darunter haben die Leerstandquoten in manchen Provinzen des Landes mittlerweile dreißig Prozent und mehr erklommen.

Ähnlich wie in den Vereinigten Staaten setzen viele chinesische Unternehmen aufgrund einer schleppenden Wirtschaftsentwicklung inzwischen den Rotstift an, um Mitarbeiter zu entlassen und Kosten einzusparen.

Hiervon sehen sich vor allem chinesische Technologiefirmen betroffen, deren Gewinne sich vielerorts als rückläufig erweisen und denen der Schock nach den im Jahr 2021 einsetzenden Interventionen der CCP noch immer in den Knochen steckt.

Nachdem fast alle großen Technologiekonzerne ihre unterhaltenen Büroflächen im Jahr 2022 geschrumpft haben, sind viele kleinere Firmen in diesem Sektor prompt in deren Fußstapfen getreten.

Unter anderem der Online-Lebensmittellieferant Meituan hat mittlerweile mit ernsthaften Problemen zu kämpfen. Nachdem der Konzern bereits im Gesamtjahr 2021 einen Nettoverlust in Höhe von 23,5 Milliarden Yuan (Renminbi) auswies, fiel auch im vergangenen Jahr ein Nettoverlust in Höhe von 6,5 Milliarden Yuan (Renminbi) an.

Dass Chinas Börsen momentan nicht so richtig vom Fleck kommen, überrascht angesichts dieser Entwicklungen nicht. Analysten warnen zudem davor, dass die rückläufige Nachfrage unter Firmen an den Gewerbeimmobilienmärkten zwangsläufig auf die Preisentwicklung in diesem Segment drücken wird.

…und die Preise sinken

In der Hauptstadt Peking lässt sich so etwas bereits beobachten, nachdem die Preise für Büroflächen in Top-Lagen dort im vierten Quartal letzten Jahres um 1,7 Prozent gegenüber dem Vorquartal zurückgingen. Im ersten Quartal dieses Jahres setzte sich diese Entwicklung fort.

Auch in Shanghai ziehen viele Firmen laut Umfragen eine Schrumpfung ihrer angemieteten Büroflächen in Erwägung. Viele Unternehmen lassen ihre Mietverträge auch auslaufen, um danach in günstigere Lagen umzuziehen. An den Finanzmärkten wird nicht damit gerechnet, dass sich an den chinesischen Immobilienmärkten demnächst eine Erholung einstellen wird.

Selbst wenn die Nachfrage unter Geschäftskunden im Bereich der Gewerbeimmobilien im zweiten Halbjahr wieder steigen sollte, so wird es im selben Zeitraum ohne Zweifel auch zu einer Zunahme des Angebots kommen. Die Vermietungspreise werden aus diesem Grund wahrscheinlich unter Druck bleiben.

An den chinesischen Bondmärkten droht sich die allgemeine Lage mit Blick in die Zukunft also zu verschlechtern. Analysten rechnen indes mit wachsenden Zahlungsausfällen. Bislang steht nur noch nicht fest, in welcher Intensität sich diese Entwicklung abspielen wird.

Kräftiges Überangebot allerorten

Allein in der Hauptstadt Peking werden im laufenden Jahr knapp 750.000 Quadratmeter an neu fertiggestellten Büroflächen an die lokalen Gewerbeimmobilienmärkte strömen. In den kommenden vier Jahren wird diese Kennziffer auf gut 3,5 Millionen Quadratmeter steigen.

In anderen Regionen des Landes sieht es noch düsterer aus. In Shenzhen wird im laufenden Jahr mit der Fertigstellung von neuen Büroflächen in einem Gesamtumfang von 1,5 Millionen Quadratmetern gerechnet.

Die enorme Anzahl von demnächst neu an die Märkte strömenden Büroflächen begründet sich anhand der durch die CCP verfügten Covid-Lockdowns. Denn in dieser Zeit konnten im Bau befindliche Bürogebäude und andere Gewerbeimmobilien häufig nicht fertiggestellt werden.

Auch Metropolen wie Wuhan, Chongqing oder Guangzhou leiden unter demselben Problem. In China stellt sich mehr und mehr die Frage, auf welche Weise sich der Ausbruch einer wohl systemisch wirkenden Immobilienkrise verhindern lassen wird.

Die Vereinigten Staaten von Amerika, an deren Gewerbeimmobilienmärkten sich vielerorts ähnliche Bedingungen wie in der Volksrepublik China beobachten lassen, ist man vielleicht schon einen Schritt weiter, wenn Vermieter ihre Bürogebäude inzwischen in Mietwohnungen und Eigentumswohnungen umwandeln, wie es in einem Bericht der FT kürzlich hieß.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen im Februar veröffentlichten Bericht auf der Seite Caixin.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Steigende Bondzinsen und wachsende Unsicherheiten an Chinas Immobilienmärkten werden die Wirtschaft, Unternehmen und privaten Verbraucher des Landes in den nächsten Quartalen weiter unter Druck setzen.

Insgesamt bleibt das Zinsthema das Thema überhaupt an den Finanzmärkten. Denn mit jeder weiteren Woche, in der die Zinsen auf ihren aktuellen Niveaus verharren oder gar noch weiter steigen werden, wächst die Wahrscheinlichkeit für „schwere Unfälle“ an den Finanzmärkten und in der breiten Wirtschaft, die mit Gefahren für die Systemstabilität einherzugehen drohen.

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