Angesichts des voranschreitenden Projekts der Neuen Seidenstraße begann sich schon seit geraumer Zeit abzuzeichnen, dass die Volksrepublik China irgendwann auch danach streben würde, eigene Militärbasen entlang von neu entstehender Infrastruktur samt Handelsrouten zu betreiben.

Thematisiert wurde diese vorhersehbare Entwicklung zuletzt beispielsweise in den beiden Berichten Neue Marinebasen: Pekings globale Ambitionen und Nahost: Eine gewichtige Allianz formiert sich.

Der Oman rückt in den Fokus

In der vergangenen Woche wurde Joe Biden nun durch seine engsten Berater darüber ins Bild gesetzt, dass Peking Pläne zum Bau und Betrieb einer Militärbasis im Oman verfolge. Dieses ins Auge gefasste Projekt soll Herzstück von weitläufigeren Bemühungen eines Ausbaus der militärischen und diplomatischen Verbindungen Pekings im Mittleren Osten sein.

In der omanischen Hauptstadt Muskat sollen die Pläne der Pekinger Regierung auf einen hohen Grad an Gegenliebe stoßen. Dass die neue chinesische Militärbasis an der Südostspitze der arabischen Halbinsel – und damit am Ausgang der Straße von Hormus – entstehen soll, scheint in Washington naturgemäß zu Schnappatmungen zu führen.

Nach der Inbetriebnahme einer Militärbasis im ostafrikanischen Dschibuti, übrigens ebenfalls delikat und unweit des geografischen Nadelöhrs des Bab el Mandeb gelegen, würde es im Oman zum Betreiben einer zweiten überseeischen Fazilität dieser Art durch die Chinesen kommen.

Militärische „Logistikzentren“

Durch Peking werden diese Fazilitäten als im überseeischen Ausland betriebene militärische „Logistikzentren“ bezeichnet. Das amerikanische Verteidigungsministerium weist nun schon seit mehreren Jahren darauf hin, dass die Volksrepublik China ein großes Interesse daran hege, ihre „logistischen“ Militärfazilitäten im überseeischen Ausland auszuweiten.

In der Vergangenheit wurden in diesem Zusammenhang auch immer wieder die Nationen Indonesien (hingewiesen sei hier auf die geografische Lage der angrenzenden Straße von Malakka), Thailand, Pakistan wie auch die Vereinigten Arabischen Emirate genannt.

Von Interesse ist, dass sich der Oman in den typischen Auseinandersetzungen unter den Nationen der islamischen Umma den Anstrich der eigenen Neutralität gegeben hat. Anstelle sich in Konfliktphasen auf irgendeine der miteinander konkurrierenden Seiten zu schlagen, hegt Muskat vielmehr ein Interesse daran, sich als neutraler Mediator zu inszenieren.  

Dies galt in der Vergangenheit insbesondere im Hinblick auf die angespannte Lage zwischen den beiden Nachbarn Saudi-Arabien und Iran sowie der Teheraner Regierung und den USA. Seit dem vergangenen Jahr ist die Volksrepublik China ganz offen auf der diplomatischen Bühne der Region erschienen.

Peking ist etwas gelungen, was bis dahin von den meisten geopolitischen  Beobachtern kaum für möglich gehalten wurde. Und zwar kam es unter Mediation Pekings zu einer Annäherung zwischen Riad und Teheran, worauf der politische Dialog wieder aufgenommen wurde, während sich die diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Nationen intensiviert haben.

Auf dem Ende August im südafrikanischen Johannesburg abgehaltenen BRICS-Gipfel folgte hierauf dann die Bekanntgabe, dass sowohl Saudi-Arabien als auch der Iran ab dem 1. Januar 2024 als neue BRICS-Mitglieder willkommen geheißen werden.

Good-bye, Abraham-Accords!

Es ist aufmerksamen Beobachtern über diese Entwicklungen keineswegs entgangen, dass die zuvor durch die Trump-Administration angestoßenen und im September 2020 unterzeichneten Abraham-Accords, die auf eine Normalisierung der diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und anderen Nationen der islamischen Umma abzielten, in den Hintergrund rückten.

Der erneute Kriegsausbruch zwischen Israelis und Palästinensern im Nahen Osten droht die Abraham-Accords komplett hinfällig werden zu lassen, weil der neue militärische Konflikt die Interessen der führenden muslimischen Nationen in der Region zusammenzuschweißen scheint (siehe beispielsweise die Türkei und der Iran).

Nicht nur die Teheraner Regierung, die ihre regionalen Stellvertreter, allen voran die schwer ausgerüstete Miliz Hisbollah im Südlibanon, innerhalb der schiitischen Landachse in Stellung gebracht und in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt hat, droht Israel, den Vereinigten Staaten und dem Westen ganz offen mit massiven Vergeltungsschlägen, falls im Gaza-Streifen vor aller Augen ein durch Zahal verursachter Genozid unter den Palästinensern verübt werden sollte.       

Auch seitens der Türkei, wo Präsident Erdogan kürzlich Hundertausende seiner Landsleute, seitens der türkischen Behörden wurde eine Teilnehmerzahl von 1,5 Millionen genannt, in dieser Angelegenheit in Istanbul adressierte, ließen sich zuletzt ähnliche Warnungen in Richtung Israels vernehmen. Laut Recep Erdogan handele es sich im Fall von Israel um eine „Besatzungsmacht“.       

Was das Ziel einer zu wahrenden Neutralität der Regierung in Muskat anbetrifft, so dürfte dies im Fall der Entscheidung zugunsten einer Beheimatung einer chinesischen Militärbasis im eigenen Land zu einem schwieriger werdenden Unterfangen und Drahtseilakt avancieren.

Ein „ehrlicher“ Makler

Einmal mehr wird nämlich deutlich, dass eine solche Entscheidung entweder pro-westlich oder pro-BRICS aufgefasst würde. Dies gilt insbesondere für eine Washingtoner Regierung, die in außenpolitischen Angelegenheiten spätestens seit 9/11 dazu neigt, alle Entwicklungen nur noch in schwarz-weißen Farben zu malen.

Wie sagte Präsident George Bush einst? Entweder man ist in diesem „Kampf gegen den Terror“ für uns oder man ist gegen uns. Das alles ist nun schon mehr als zwanzig Jahre her.

Das offensichtliche Scheitern des Westens im Orient – allen voran im Irak und in Afghanistan – scheint die Sichtweise in den BRICS-Nationen beschleunigt zu haben, wonach es in Anspielung auf den einstigen deutschen Kanzler Bismarck eines „ehrlichen Maklers“ bedürfe, als der sich die Volksrepublik China immer wieder selbst ins Spiel bringt und zu inszenieren gedenkt.

Inzwischen haben amerikanische Kampfflugzeuge zum dritten Mal seit dem Angriff der Hamas auf Israel Stellungen von vermeintlich durch den Iran finanzierten Milzen in Syrien bombardiert, nachdem US-Militärbasen im Irak und im Nordosten Syriens unter Beschuss geraten waren.

Unter völkerrechtlichen Aspekten und unter Bezugnahme auf internationale Gesetze sind die Aktivitäten der Amerikaner in Syrien und deren widerrechtliche Okkupation von Erdölfeldern im Land kritisch zu betrachten.

Sich darüber zu beschweren, dass eigene Einrichtungen in Syrien und dort stationierte Kräfte unter Beschuss geraten sind, sollte und muss aus dieser Perspektive heraus betrachtet werden.

Der stets durch Washington ins Feld geführte Versuch des „Nation Building“ in Afghanistan hat sich darüber hinaus spätestens seit dem überstürzten Abzug des Westens aus dem Land am Hindukusch im August des Jahres 2021 als Schimäre und Nullsummenspiel erwiesen.

In den vorherigen zwanzig Jahren haben die sich verewigenden Kriege der Vereinigten Staaten im Nahen und Mittleren Osten zumindest dazu geführt, den militärisch-industriellen Komplex der USA reich zu machen, was sich unter anderem an einer beständigen Erhöhung der Militär- und Verteidigungsausgaben auf nun gut eine Billion US-Dollar auf Kosten der Steuerzahler ablesen lässt.    

Dass auch die Arabische Liga unter Führung von Saudi-Arabien jüngst zu einer sofortigen Waffenruhe im Nahen Osten aufrief, zeigt, dass einst stramme Bündnisse und Sichtweisen den aktuellen Geschehnissen im geopolitischen Bereich kaum mehr standhalten und zum Opfer zu fallen scheinen.

Something has to give

Es ist schwierig zu prognostizieren, auf welche Weise der Oman seine zukünftigen Beziehungen zu den USA im Fall der potenziellen Inbetriebnahme einer chinesischen Militärbasis im eigenen Land zu gestalten gedenkt. Denn in Washington dürfte eine solche Entscheidung einen hohen Grad an Enttäuschung treffen. 

Andererseits hat sich die wirtschaftliche Bande zwischen dem Oman und der Volksrepublik China im Lauf der letzten Jahre bereits auf eine Weise vertieft, die eine zugunsten Pekings ausfallende Entscheidung in Muskat nur allzu wahrscheinlich erscheinen lässt.

Das Reich der Mitte erweist sich zudem als weltweit größter Abnehmer von omanischem Rohöl. Ferner hat China in die Errichtung einer neuen omanischen Wirtschaftszone namens Duqm investiert. Hier entsteht momentan die größte Erdöllagerstätte im gesamten Mittleren Osten. 

Eine durch China betriebene Militärbasis im Mittleren Osten würde sich aus Perspektive der Vereinigten Staaten nur als weitere große Herausforderung in der Region erweisen. Denn das amerikanische Central Command zeichnet für die Koordinierung von in Bahrain, Kuwait, Katar, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten stationierten US-Truppen verantwortlich.

Ferner war der Oman die erste Nation am Persischen Golf, die im Jahr 1980 ein bilaterales Abkommen im Hinblick auf einen vereinfachten Zugang mit Washington getroffen hatte. Beobachten lässt sich, dass seit einer gemeinsamen Marineübung zwischen China, Russland und dem Iran in omanischen Gewässern im Jahr 2019 nach wie vor eine Präsenz von Schiffen der drei genannten Nationen als gegeben bezeichnen lässt.     

Ebenso wie die Arabische Liga, so drängt auch die Pekinger Regierung zu einem sofortigen Waffenstillstand im Gaza-Streifen. In Tel Aviv, wo Mitglieder der ultrarechten Regierung von Benjamin Netanjahu den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern im „Heiligen Land“ inzwischen zu einem biblischen Endkampf stilisiert haben, scheint sich hieran niemand zu stören.

Es fällt allerdings auf, dass sich die öffentliche Meinung in weiten Teilen der Welt, inklusive des Westens, nach dem Hamas-Angriff am 07. Oktober gegen Israel zu wenden droht, umso länger die israelische Armee nicht von ihren anhaltenden Bombardierungen von Zivilisten, darunter etliche Kinder und Frauen, im Gaza-Streifen abzulassen bereit ist.

Selbst die israelische Bevölkerung ist über diese Geschehnisse tief gespalten. Wie dem auch sei, so unternimmt die Washingtoner Regierung den Versuch, der Belt & Road Initiative (dem Projekt der Neuen Seidenstraße) Chinas, nun ein eigenes Projekt entgegen zu setzen.

Um den wachsenden politischen und wirtschaftlichen Einfluss Pekings in der Region zu adressieren, wurde im Rahmen des letzten G20-Treffens der Bau eines Handelskorridors zwischen Indien und Europa unter westlicher Führung ins Spiel gebracht.

Diese Pläne sehen vor, den Mittleren Osten zum zukünftigen Bindeglied zwischen Indien und Europa zu machen. Staaten in der Region soll auf diese Weise der Ausblick auf Alternativen zu dem schnell voranschreitenden Projekt des Reichs der Mitte eingeräumt werden.

Kritiker weisen indes darauf hin, dass diese Pläne aufgrund eines Mangels an eigenen politischen und ökonomischen Visionen nur einen Teil der chinesischen Strategie kopieren würden. Ferner verfüge die Volksrepublik China bereits über einen gewaltigen Vorsprung, der sich wahrscheinlich nicht aufholen lassen würde.

Und anderseits seien die Würfel in vielen Ländern der Region, heißt auf dem Eurasischen Kontinent, die sich zu einer Zusammenarbeit mit China entschlossen haben, bereits gefallen. Mache sich jedermann seine eigenen Gedanken zu den aktuellen Entwicklungen.      

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite bnn.network.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Verfügt der Westen über die finanziellen Mittel, um in globalen Bauprojekten mit China zu konkurrieren? Wer nach Afrika blickt, wird berechtigte Zweifel an einer solchen Sichtweise hegen. Ich werde meine Skepsis auf Basis von eigenen Beobachtungen in einem demnächst zu veröffentlichenden Folgebericht zu diesem Thema näher darlegen.

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